Brief: Fürth, den 25. März 1916

…… Was die Verwundung anbelangt, so gefährlich und schmerzhaft ist das nicht nur glaube ich, dass es etwas langwierig wird und das schadet ja nicht, habe ja nix zu versäumen. Man kann das eben nicht leicht beurteilen. Der Splitter kam eben von oben und ich lag auf der rechten Seite in dem Erdloch mit dem Kopf auf einem franz. Tornister. Das Loch war 1,20m tief und lagen mit 5 Mann drinnen. Hatten oben Zeltplanen drüber gespannt, denn kalt war’s und es hat auch fast die ganze Nacht sinnig geschneit. Wir kamen des Abends dorthin und lagen nur die Nacht dort in Reserve. War ein Bergabhang. Mit Einbruch der Dunkelheit setzte heftiges Art.-Feuer auf uns ein, da die Franzosen und nicht mit Unrecht in den Schluchten unsere Reserven vermuteten. Wir allerdings wähnten uns ziemlich sicher an dem Abhang, da die Franzosen ihr Feuer doch nicht direkt über uns ausschütten konnten. Haben uns doch getäuscht und bekamen ziemlich Verluste. Na dieses ganze Konzert war uns ja nix neues, legten uns hin und hundsmüde wie wir waren schliefen wir auch baldigst feste.
Ich wurde nun des Morgens durch einen Schlag gegen die rechte Brustseite geweckt und wir alle, da das Art.-Feuer wieder feste um und über uns im Gange war. Ich war nicht anders der Meinung, als sei mir ein Stein durch eine einschlagende Granate an die Brust geflogen. Als der Schmerz aber nicht nachließ, im Gegenteil stärker wurde hatten meine Kameraden keine Ruhe, steckten eine Kerze an und sahen nach; da hatten wir die Bescherung. Der Splitter flog oben durch die Zeltbahn, durch die Decke, welche ich übern Kopf gezogen hatte, durch den Mantel, durchschlug den obersten Waffenrockknopf, ging durch Unterjacke und zwei Hemden und drang 2 Fingerbreit unterm Schlüsselbein, 4-5cm rechts von Mitte Brust in dieselbe ein und sitzt nun wie die Röntgenbeleuchtungen ergaben an der dritten Rippe zwischen zweiter und dritter. Das ist ungefähr 4cm weiter rechts etwas unterhalb der Einschußwunde An der Wunde nun hatte ich immer keine besonderen Schmerzen aber weiter rechts wo der Splitter sitzt. Aber am 4. oder 5. Tag, wie ich hier war, hats Luft gegeben. Da hatte der Eiter den Weg durch den Einschuß gefunden. Da kam denn so allerhand Zeug raus, auch ein Fetzen Stoff kam mit. Aber seit der Zeit hab ich ziemlich Ruhe, kommt auch fast kein Eiter mehr raus.
Aber den Splitter fassen, das ist die Kunst, so kleine Dinger die rutschen zwischen dem Fleisch rum, da muss so’n Arzt schon mal Glück haben und an so ’nem Platz kann man auch nicht immer wie man will.