Archiv: 1915-02

Tagebuch 10.2.1915

Morgens neblig, später etwas heller aber trocken. 6½ Holz und Stroh geholt in Andechy. 8 Uhr Kaffee. 9½-11 Grabenpatroullie. Mittags Arbeitsdienst im Dreieckswäldchen, Tannenzweige holen. 8 Uhr Essen holen, 11½-1 und von 5½-6 Grabenpatroullie. Die Nacht war ziemlich ruhig,später Nebel und Frost. 1 Mann der Komp. wurde auf Lauscherposten verwundet, Hüftschuß. 9. und 12. Komp. auch je 1 Mann verwundet.

Brief: Villa Franzosenzauber, den 10. Februar 1915

… Bin nun jetzt den dritten Tag hier im Schützengraben und habe mich in die Geschichte hier nun so ziemlich eingelebt. Sitze momentan hier in unserer Villa „Franzosenzauber“, wie ich unsere Erdhöhle mal vorläufig getauft habe, Hieß früher „Sperlingslust“ konnte mir aber nicht gefallen. Heute Abend wenn wir alle 6 Mann, die hier ihr Heim haben, beisammen sind wird sie entgültig getauft.
Also wie gesagt, sitze eben hier auf meinem Bett, meine Decke ist der Schreibtisch auf meinen Knieen, mit dem Notizbuch als Unterlage und schreibe Dir die paar Zeilen. Nun will ich mal kurz beschreiben wie unser Heim aussieht. Ist ein Erdloch von 4m Länge und 2 1/2m Breite, ist 1,60m hoch, kann also nicht grade drin stehen. Der Fußboden ist Lehm, die Wände sind Lehm, hier und da ein Pfosten zwischen als Stütze für die Decke. Diese ist mit Balken und Trägern abgedeckt mit Wellblech drauf und dann noch so nen 1/2 bis 3/4m Erde drauf. Die Tür ist so ne Art Saustallstür mit ner halben Fensterscheibe drinnen. Als einziges Stück Möbel haben wir son Stück Ufchen. Unsere Betten sind direkt auf dem Boden. Zwei Bündel Stroh sind unser Lager für 6 Mann und der Tornister als Kopfkissen. Jeder Mann hat auch eine Decke. Als Wanddekorationen dienen die Waffen und Ausrüstungsgegenstände. Das Brot wird an eine Kordel gebunden und an die Wand gehängt und oben zwischen die Balken wird der andere kleine Kram gelegt. Tisch und Bank ist Luxus; man kommt zur Tür rein oder besser gesagt kriecht rein und schon liegt man an seinem Platz. Hunger braucht man keinen zu leiden und der Dienst ist auch nicht übermäßig stramm. Morgens um 8 Uhr wird Kaffee getrunken, der hier unter der Erde von der Komp. gekocht wird, kommt auf den Mann 1/2 Liter. 1/2 9 ist Gewehrreinigen anschließend müssen die Gänge und Laufgräben rein gemacht werden. Von 1- 5 1/2 ist Arbeitsdienst. Um 7 wird abwechselnd Essen und Kaffee bei der Feldküche geholt, die bis eine halbe Stunde hinter den Schützengraben herankommt. Im Laufe des Taces muss man 1 1/2 Stunde Posten stehen im Schützengraben und im Laufe der Nacht muss man 2 mal 1 1/2 Stunde Posten stehen vorm Schützengraben und des morgens noch im Dunkeln abwechselnd Wasser und Holz holen, dass die Franzmänner nix merken. Wenn nur blos die Witterung trocken ist, sind wir schon zufrieden. Wenns auch hier regnet, dann ists schön gewesen, dann bleibt man stellenweise als im Dreck stecken. Dann sieht man aus wie ein Backsteinmacher und noch was schöner. musste schon mancher aus dem Dreck ausgegraben werden. Brot gibt es auch genug und Liebesgaben werden auch ziemlich verteilt auch zum Razchen. – Nor koa Engst

Tagebuch 9.2.1915

Witterung bis Mittag trocken, später anhaltender, dünner Regen. 8 Uhr Kaffeeholen anschließend Gewehrreinigen. 10-11½ Grabenpatroullie, im Laufe des Tages öfter feindliche Artilleriefeuerüberfälle. 1 Mann verwundet 12/81. 3 Uhr Wasserholen in Andechy. 10-11½ und von 4-5½ Grabenpatroullie. Die Nacht verlief ziemlich ruhig, war trocken und gegen Morgen Frost.

Tagebuch 8.2.1915

1 Uhr morgens Aufstehen, 2 Uhr Abmarsch feldmarschmäßig unter strömendem Regen in stockfinsterer Nacht in Stellung und zwar in Schützengraben zwischen Andechy und L’Eschell zur vorläufigen Besetzung der Gefechtslinie dort. Erhielten unterwegs schon ein Mann Verlust, der durch einen Zufallstreffer einen Schuss in Fuß bekam. Logierten uns dort ein in Unterstände und zwar ich mit noch 5 Mann meiner Gruppe in Villa „Sperlingslust“, wo wir uns den Verhältnissen entsprechend ganz häuslich niederließen. Unsere Villa war zwar nur eine künstlich geschaffene Erdhöhle, als einziges Möbel ein kleines notdürftiges Öfchen, als Bilder und Wanddekoration unsere Waffen, Ausrüstungsgegenstände und K-Brot beherbergend und doch fühlten wir uns ganz mollig darinnen. Als Soldat im Felde stündlich dem Tode ins Auge schauend ist man in dieser Beziehung auch leicht zufrieden gestellt, wenn man nur blos etwas Schutz gegen die Unbilden der Witterung hat. Witterung trocken und Sonnenschein, auch die Nacht verlief ganz glatt, obwohl mir als Posten wiederholt die Kugeln um die Ohren pfiffen. War als Grabenpatrouille des Nachts von 7-8½ und von 3½-5 außerhalb der Deckung und konnten wir uns des Nachts verschiedentlich im Hinlegen üben, sobald die Franzmänner mit ihren Leuchtkugeln die ganze Umgebung erhellten.