…… Wir haben paar schwarze Tage hinter uns. Tag und Nacht in zähem Ringen, dauernd im Freien bei Regen , Frost und Schnee. Noch hats Gott sei Dank gut gegangen. So mancher gute Kamerad ist allerdings nicht mehr. Zurzeit sind wir etwas zurückgezogen zur Erholung….
Archiv: Briefe
Beaulieu, den 7. Januar 1916
……. Aber eine Fahrt wie gerädert; als ob einem jemand mit einem Kinderwagen über’n Haufen Pflastersteine fährt. Blieben nun irrtümlicherweise noch in dem Zug sitzen über Charleville bis Liart wo wir umsteigen mußten. Habe nun in dem Durcheinander meinen Helm im Zug stehen lassen, der nach Duay weiter fuhr und ich stand nun mit meinem dummen Kopf da, ohne Helm. Mittlerweile kam unser Zug, der Laon fuhr und hier hatten wir fast 2 Stunden Aufenthalt, während welcher Zeit ich mir auch dort nach manchem hin und her einen anderen passenden Helm beschaffte. War ich wieder aus diesem Schwindel raus Dann ging es weiter und trafen um 7 Uhr Abends in St.Quentin ein. Wurde ein wenig gerastet und ein Schoppen gepetzt und dann gings auf Schusters Rappen nach Pontruet, wo mir Peter am Dorfausgang schon entgegen kam Es war 10 Uhr als wir ankamen und hörten wir, dass die Komp. schon am 26ten wieder abgerückt sei Schliefen nun die Nacht dort und anderen Tags ging’s nach hier zur Komp. wo wir am 30.12. nachmittags 5 1/2 ankamen. Tags darauf hatte ich noch Ruhe und fing auch das Neue Jahr mit Schlaf an, aber um 1/2 6 Morgens wurde geweckt und ging’s zum Schanzen, Rückkehr Mittags 1/2 3 Uhr. Das ist unser tägliches Programm, da muss jeder 2 mal mit, kann dann einmal aussetzen und so geht das immer weiter. Hatte es nun seither noch gar nicht schlimm, aber recht hart und unbequem ist es mir doch die ersten Tage wieder alles vorgekommen.
Überhaupt so überdrüssig und interessenlos so recht widerwärtig ist mir das Kriegsleben noch nie vorgekommen als in diesen Tagen. Alles hatte seinen Geschmack für mich verloren, selbst das Essen. Unser Hier bleiben ist noch einmal verlängert worden, wären sonst schon wieder fort, aber denke in 2-3 Tagen werden wir abrücken nach Pontruet. Wir sind auch dessen froh, denn hier gibt’s wieder Läus und Flüh und Ratten in Massen, saumäßig frech. Machen fast jede Nacht Jagd auf die Viehcher.
Brief: Beaurains, den 5. Dezember 1915
…… Heute ist wieder Sonntag und zudem Niklaus-Abend, man merkt hier zwar wenig davon. Habe heute wieder gemauert, ist aber immerhin besser als hier schanzen gegangen, in dem Dreck ist es in dieser Beziehung sehr mäßig.
Wenn wir hier schanzen gehen ist es alles andere als schön; 4 Stunden Marsch, 3 Stunden schanzen und dann noch der Rückmarsch und dabei gießt’s meistens mit Eimern, ist einem aber alles egal und dann noch Wege bodenlos, dass der Dreck oben zu den Schäften rein läuft und immer bei der Nacht. Trotzdem immer mit Humor, was nutzt da das Kopfhängenlassen, wird auch nicht anders von also immer weiter.
Drum ist wieder so ein bisschen Druck wie mauern gar nicht übel. Bleiben wahrscheinlich wohl wieder zehn Tage hier, wenn nichts dazwischen kommt, und wären dann nach dieser Einteilung wohl auch Weihnachten hier in der Sommerfrische. Weihnachten! Wer hätte das voriges Jahr um diese Zeit gedacht, dass wir dies Friedensfest noch hier draußen erleben müssten. Und trotzdem kann man seinem Schöpfer nicht genug danken, dass man noch immer gesund und munter ist in diesem Betrieb.
Du schreibst von Verfrieren. Wär’s mal kalt, dass es krachte, wäre besser als dieses Hundewetter. Nass, kalt und dreckig ist hier an der Tagesordnung. Dies ist das schlimmste Wetter für uns. Wer da aushält ist eisenfest. Denn wenn uns friert werden einfach Bäume gefällt oder so ne alte Hütte umgerissen und nur immer in den Kamin rein gestopft, denn hier in Frankreich hat man meistens noch die offenen Kamine. Da kann man so’n 1/4 Klafter auf einmal rein stecken, dann braucht aber keiner in der Bude mehr die Handschuhe anzuziehen Am Schönsten haben wir’s ja jetzt wenn wir in Pontruet. Mit Quartieren, Nachtruhe und überhaupt in Allem. War auch neulich von dorten aus in St.Quentin im Theater. War so für Kreuzer allerhand, hat uns ja nix gekostet, war eine extra Vergünstigung. Hat uns auch nicht gereut, trotzdem wir pudelnass nach Hause gekommen sind. Ist nämlich hin und zurück 3 Stunden zu laufen. Da würde man auch in Friedenszeiten nicht so weit drum laufen. Doch was will das heißen, ein paar Kilometer; ich möchte nur mal gerne die Klamotten alle beisammen sehen, die wir im Krieg schon alle abgelaufen haben.
Brief Pontruet, 31.10.1915
… Ich muß sagen, ich fühle mich die meiste Zeit trotz allem Krampf und manchen Strapazen so wohl und munter, wie selten im Zivilleben. Liegen hier immer noch in Pontruet, 1 1/2 Stunden nordwestlich von St.Quentin. Heute vor 14 Tagen hatten wir gerade 1 Marschtag hinter uns nach der Ablösung und liegen nun 10 Tage hier. Fast das ganze 18. Korps liegt hier um St. Quentin herum. Es wird ja viel Krampf gemacht und wenngleich wir auch wie immer auf Stroh und Tornister liegen, so ist’s doch immerhin hier besser als vorne in der Feuerlinie, denn hier pfeifen einem keine Brokken um die Ohren herum und man braucht auch keine Deckung zu suchen vor Granaten und Minen und, was die Hauptsache ist, man hat doch durchweg seine Nachtruhe. Denn dies ist vorne im Schützengraben nicht möglich. Habe doch glücklich einmal in den neun Monaten wo ich jetzt wieder hier draußen bin, mich ausgezogen und im Bett geschlafen, war damals als ich in Balâtre war nachdem Peter aus Urlaub zurückkam in Roye.
Brief St. Quentin 20.10.1915
… Wir wurden am 16.10. abends durch einen anderen Truppenteil aus dem Osten abgelöst und demnach aus der Front raus gezogen. Mit uns noch andere Korps welche teilweise schon fast in Serbien sind. Wir sind in drei Nachtmärschen hierher gewandert, wo wir zurzeit noch sind und auch wohl vorläufig noch bleiben werden. Liegen hier seitlich St.Quentin. Wie lanqe wir hier bleiben weiß keiner. Wo wir hin kommen weiß auch keiner. Nur, daß wir schwer bewegt werden, das wissen wir. Und dann immer feldmarschmäßig, den alten Mist, den man schon vor 8 Jahren zur Genüge kennenlernte. Das hätte ich mir damals auch nicht träumen lassen, daß ich jetzt dies, so einen Krampf mitmachen müßte. Draußen in Stellung, wo das Leben dauernd an einem Faden hing, hatten diese Herren Vorgesetzten mehr das Kameradschaftliche heraus gedreht, aber jetzt sind die Puppen am tanzen. Habe auf dem Wege hierher auch das erstemal nachexerziert in meinem Leben wegen Anderer Dummheit.