Brief: Fürth, den 15. März 1916

….. Am 13.1. hieß es fertig machen wird verladen mit unbestimmter Adresse wohin. Und so kamen wir dann in die Nähe von Verdun und die ganzen Vorbereitungen die hier getroffen wurden ließen darauf schließen, dass hier etwas im Werke wäre. wir wurden vorläufig in einem Orte untergebracht in Massenlagern wo die Läuse nur so hausten. Gleichzeitig wurde strengste Postsperre eingeführt. Wir hatten nun den 15.1. Nun hieß es Behausungen bauen, wenn wir nicht im Freien liegen wollten; aus der Ortschaft mussten wir raus. So ging’s dran und haben uns Barackenlager gebaut im Walde aber aus lauter dort gewachsenem Holze (bataillonsweise). War auch allerhand und dann die Witterung und die Wege. Am 23.1. mussten die halbfertigen Baracken bezogen werden. Als ja mal alles richtig fertig war, haben wir ja ganz mollig dort gewohnt. Ist einfach Tag und Nacht gestocht worden. Als wir so.weit waren gab’s wieder was anderes; wir mussten nun vorne Stollen bauen und Stellungen ausheben und am 12.2. sollte es dann losgehen. Es wurde uns der Armeebefehl des Kronprinzen verlesen, der Befehl zum Angriff; aber leider hat sich die Geschichte der ungünstigen Witterung halber noch bis zum 22.2. hingezogen und ich glaube das war nicht gut, sonst wären wir heute weiter wie so. Wir mussten nun in der Zwischenzeit die Straßen ausbessern, die durch den kolossalen Betrieb in einen ganz jammervollen Zustand geraten waren.
Am 21.2. morgens 9 Uhr endlich fingen die Geschütze an zu singen und es ging nun Tag für Tag unter erbitterten Kämpfen immer ein Stück weiter vor. Und von dem Tag ab haben wir denn auch ununterbrochen Tag und Nacht unter freiem Himmel gelegen bis zum 10.3. des morgens, wo ich dann verwundet wurde. Und nun bin ich hier seit dem 12.3. nachmittags. Die Verwundung ist an und für sich nicht gefährlich, wär ich nur sonst in Ordnung. War man so lang draußen kerngesund kommt dann in so Krankenbuden, wird man erst krank. Mit den Füßen sind zwar nicht erfroren, aber das reinste Feuer war drinnen, wird sich wohl bald wieder machen. Dann den Magen hab ich mir total verdorben durch den Wechsel, muss mich halt die erste Zeit kolossal in acht nehmen, überhaupt, die ganzen Knochen sind mir wie zerschlagen. Die Wunde 2 Finger breit unter dem Schlüsselbein ungefähr in der Mitte zwischen Hals und Schulter hat die Größe von einem Zweipfennigstück und sieht sehr gut aus. Die ganze rechte Brustseite ist ja gefärbt. Aber etwas rechts von der Wunde muss der Splitter wohl drin stecken, hab ich immer so Schmerzen, denn ich habe auf der rechten Seite gelegen, als ich so sanft geweckt wurde.

100 Jahre Verdun, …

… das Gedenken an das große Gemetzel, ist gerade vorbei. 1916 gab’s um diese Zeit noch keine Nachricht von Heinrich Birkenbihl, der ja an der Westfront war. Zunächst einmal herrscht Postsperre.

Vielleicht ist es mal wieder an der Zeit einige aufschlussreiche Reliquien zu zeigen. Es fällt mir übrigens sehr schwer, die Sütterlinschrift zu lesen. Auch was die militärischen Ehrenzeichen angeht, bin ich kein Experte. Hilfe — z.B. im Kommentar — wäre willkommen.

Wehrpass

Der Wehrpass gibt Auskunft

Inhalt:

Kommandobehörde
welche Zusätze einträgt
Zusätze zu den Personalnotizen
(Übungen und Einberufungen, Führung, Stafen usw.)
            Datum
1.Kompanie
1. Ers.-Btl. Inf.-Regt 81
Vom 23.1.15-10.3.16 IR81. 10. Komp.
am 10.3.16 [?] Verdun d. [?–?]
30.11.
16
Mitgem.[?] Gefechte Stellungs[?] b. Roye
u. Kämpfe bei Verdun
Vom 10.3.16-12.5.16 in Lazarettbehandlung
    “     12.5.16-21.8.16 IE/ IR81 4. Komp.
    “     22.8.16-1.12.16       “     1.   “
am 2.12.dann [?] Inf Ers. Batl. 18/[?]Führung: gut
Strafen: keine
v. [?]
Hauptm. und Komp-Führer

Also wurde Heinrich Birkenbihl wieder verwundet. Lazarett-Aufenthalt — nach der Schlacht bei Verdun.

Man sammelt ja auch so einiges ein.

Eisernes Kreuz 2. Klasse

Eisernes Kreuz 2. Klasse

Verwundetenabzeichen

Verwundetenabzeichen

"Gruß" vom Feind

„Gruß“ vom Feind

Immer bei der Infantrie

Immer bei der Infantrie

Gott schaute weg!

Gott schaute weg!

Familienschmuck

Familienschmuck

Die Schatztruhe

Die Schatztruhe

Reserve hatte mal Ruh!

Reserve hatte mal Ruh!

Beaulieu, den 7. Januar 1916

……. Aber eine Fahrt wie gerädert; als ob einem jemand mit einem Kinderwagen über’n Haufen Pflastersteine fährt. Blieben nun irrtümlicherweise noch in dem Zug sitzen über Charleville bis Liart wo wir umsteigen mußten. Habe nun in dem Durcheinander meinen Helm im Zug stehen lassen, der nach Duay weiter fuhr und ich stand nun mit meinem dummen Kopf da, ohne Helm. Mittlerweile kam unser Zug, der Laon fuhr und hier hatten wir fast 2 Stunden Aufenthalt, während welcher Zeit ich mir auch dort nach manchem hin und her einen anderen passenden Helm beschaffte. War ich wieder aus diesem Schwindel raus Dann ging es weiter und trafen um 7 Uhr Abends in St.Quentin ein. Wurde ein wenig gerastet und ein Schoppen gepetzt und dann gings auf Schusters Rappen nach Pontruet, wo mir Peter am Dorfausgang schon entgegen kam Es war 10 Uhr als wir ankamen und hörten wir, dass die Komp. schon am 26ten wieder abgerückt sei Schliefen nun die Nacht dort und anderen Tags ging’s nach hier zur Komp. wo wir am 30.12. nachmittags 5 1/2 ankamen. Tags darauf hatte ich noch Ruhe und fing auch das Neue Jahr mit Schlaf an, aber um 1/2 6 Morgens wurde geweckt und ging’s zum Schanzen, Rückkehr Mittags 1/2 3 Uhr. Das ist unser tägliches Programm, da muss jeder 2 mal mit, kann dann einmal aussetzen und so geht das immer weiter. Hatte es nun seither noch gar nicht schlimm, aber recht hart und unbequem ist es mir doch die ersten Tage wieder alles vorgekommen.
Überhaupt so überdrüssig und interessenlos so recht widerwärtig ist mir das Kriegsleben noch nie vorgekommen als in diesen Tagen. Alles hatte seinen Geschmack für mich verloren, selbst das Essen. Unser Hier bleiben ist noch einmal verlängert worden, wären sonst schon wieder fort, aber denke in 2-3 Tagen werden wir abrücken nach Pontruet. Wir sind auch dessen froh, denn hier gibt’s wieder Läus und Flüh und Ratten in Massen, saumäßig frech. Machen fast jede Nacht Jagd auf die Viehcher.

Brief: Beaurains, den 5. Dezember 1915

…… Heute ist wieder Sonntag und zudem Niklaus-Abend, man merkt hier zwar wenig davon. Habe heute wieder gemauert, ist aber immerhin besser als hier schanzen gegangen, in dem Dreck ist es in dieser Beziehung sehr mäßig.
Wenn wir hier schanzen gehen ist es alles andere als schön; 4 Stunden Marsch, 3 Stunden schanzen und dann noch der Rückmarsch und dabei gießt’s meistens mit Eimern, ist einem aber alles egal und dann noch Wege bodenlos, dass der Dreck oben zu den Schäften rein läuft und immer bei der Nacht. Trotzdem immer mit Humor, was nutzt da das Kopfhängenlassen, wird auch nicht anders von also immer weiter.
Drum ist wieder so ein bisschen Druck wie mauern gar nicht übel. Bleiben wahrscheinlich wohl wieder zehn Tage hier, wenn nichts dazwischen kommt, und wären dann nach dieser Einteilung wohl auch Weihnachten hier in der Sommerfrische. Weihnachten! Wer hätte das voriges Jahr um diese Zeit gedacht, dass wir dies Friedensfest noch hier draußen erleben müssten. Und trotzdem kann man seinem Schöpfer nicht genug danken, dass man noch immer gesund und munter ist in diesem Betrieb.
Du schreibst von Verfrieren. Wär’s mal kalt, dass es krachte, wäre besser als dieses Hundewetter. Nass, kalt und dreckig ist hier an der Tagesordnung. Dies ist das schlimmste Wetter für uns. Wer da aushält ist eisenfest. Denn wenn uns friert werden einfach Bäume gefällt oder so ne alte Hütte umgerissen und nur immer in den Kamin rein gestopft, denn hier in Frankreich hat man meistens noch die offenen Kamine. Da kann man so’n 1/4 Klafter auf einmal rein stecken, dann braucht aber keiner in der Bude mehr die Handschuhe anzuziehen Am Schönsten haben wir’s ja jetzt wenn wir in Pontruet. Mit Quartieren, Nachtruhe und überhaupt in Allem. War auch neulich von dorten aus in St.Quentin im Theater. War so für Kreuzer allerhand, hat uns ja nix gekostet, war eine extra Vergünstigung. Hat uns auch nicht gereut, trotzdem wir pudelnass nach Hause gekommen sind. Ist nämlich hin und zurück 3 Stunden zu laufen. Da würde man auch in Friedenszeiten nicht so weit drum laufen. Doch was will das heißen, ein paar Kilometer; ich möchte nur mal gerne die Klamotten alle beisammen sehen, die wir im Krieg schon alle abgelaufen haben.