Brief: Ostermontag, 5.4.15 Geschrieben zu Villa „Walsfriede“ im Schützengraben aus dem Stellungskrieg vor L’Eschell bei Roye

….. Uns war nämlich jeglicher brieflicher Verkehr verboten seit circa 10 Tagen und auch seit gestern wieder zugelassen. Warum, weiß ich selbst nicht, ob im Interesse der Heeresleitung oder Postverwaltung, bleibt sich ja auch einerlei. Durften auch auf keiner Karte dergleichen was vermerken, sonst wurde sie vernichtet. Außerdem nicht angeben wo wir zur Zeit liegen, kein Ort und keine Stellung Es kann ja auch möglich sein, dass die ganze Korrespondenz mal unverhofft momentan revidiert wurde, denn manche Kerle schreiben ja auch einen solchen himmelschreienden Quatsch, dass sich das Briefpapier fast bäumt unter dem Mist, der drauf gemalt wird. Machen nur ihren Angehörigen das Herz schwer. Und dabei haben die meisten noch nicht mal nen leibhaftigen Franzosen gesehen. Bin doch auch nun schon 10 Wochen wieder im Felde, hab aber bis heute noch keinen Schuss abgefeuert. Wird auch viel renommiert von den Vaterlandsverteidigern bei Freunden und Bekannten, wollen sich ein bisschen wichtig machen die junge Soldaten. Denn es sind doch noch keine 10 Prozent gediente Leute mehr im Regiment. Meistens Ersatzreservisten, Rekruten und Kriegsfreiwillige Heute Ostermontag auf Frankreichs Boden und der Himmel macht ein Gesicht wie der reinste Aschermittwoch, es regnet die meiste Zeit des Tages, wenn auch nicht feste, ist aber alles schmierig. Welche krassen Gegensätze, vorige Ostern und jetzt, wer hätte das gedacht und noch ist kein Ende zu sehen. Hatten ja die letzte Zeit immer recht schönes Wetter, bei Tag schön warm, trocken; des Nachts allerdings etwas kalt meistens gereift und mondhell, was uns immer am liebsten ist, denn die Nächte dauern immer am längsten und wenn’s ein bisschen hell ist, dann geht die Zeit doch eher rum. Bei Tage wird uns die Zeit nicht lange, fliegen nur so herum, ehe man sich umguckt ist Abend. Will mal so ’ne kleine Tageseinteilung vorführen: Morgens um 6 Uhr sind die Nachtposten zu Ende. Die Nachtzeit geht von Abends 8 bis Morgens 6 mit je 2 Stunden Ablösung. Da kommt man nun des Nachts 1 oder auch 2 mal dran abwechselnd je nach der Einteilung. Und die Tageszeit dauert eben von Morgens 6 bis abends 8. Wir sind nun hier oben auf unserm linken Flügel als Untofz.-Posten 1 Untofz. und 11 Mann sollen eigentlich 12 sein, würde auch besser klappen beim Einteilen. Müssen des Nachts nun bei jeder Nummer 3 bzw. 4 Mann stellen. Bei Tage steht immer 1 Mann. Kommen nun des morgens die Nachtposten vom Dienst, so wird geweckt, dan Revier gereinigt. 7 Uhr müssen 2 Mann Kaffee holen, dann wird Kaffee getrunken. 7.30 bis 8 Uhr Gewehrreinigen, dann 2-3 Mann Holz holen für Küche und für unsern Ofen aus Villers, welches 1/2 Stunde zurück liegt, 1 Mann Post holen, 1 Mann Lebensmittel, schließlich noch ein paar Mann zum Arbeiten oder die Landser legen sich in eine Ecke und schlafen oder es wird gelaust, was so ziemlich abwechselnd den ganzen Tag geschieht. Da Kann man als Bilder sehen, die Krieger so halbwegs im Adamskostüm im Schützengraben und suchen die Läuse, die hier massenweise vertreten sind. Dann wird’s so ziemlich Mittag. Dann wird wieder gefuttert, etwas Kaffee oder dergleichen gekocht, K-Brot und Fettiges dazu. Des Mittags schreiben, schlafen, Posten stehen mitunter auch etwas freier Meinungsaustausch, freie Diskussion, Luftschlösser und Heimatgedanken. Dabei kommt der Humor immer zu seiner Geltung und zwar der richtige Galgenhumor, auf dass einem der Kram nicht ganz zum Hals raus kommt. 6Uhr gibt’s warmes Essen und noch Kaffee oder dergleichen. 8 Uhr geht der Nachtdienst los. Was nicht Posten steht muss meistens noch schanzen bis 11 Uhr. Des Morgens mitunter auch schon von 4 Uhr ab. Dazu des Tags über öfters Konzert mit Haubitzen und Kanonen auf Gegenseitigkeit und fast dauernd Gewehrfeuer und dabei fühlen wir uns sauwohl, wenn sonst nichts dazwischen kommt. Also wir sind nun wieder seit 22.3. hier im Schützengraben und werden auch wahrscheinlich noch 8 Tage hier bleiben. Kommen dann vielleicht wieder nach Roye.

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